Rotgipfler: Charakter, Herkunft und Zukunft einer großen Weißweinsorte

von Alexandra Otto 09/12/2025
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Rotgipfler: Charakter, Herkunft und Zukunft einer großen Weißweinsorte

Seine Bekanntheit reicht weit über die Grenzen der Thermenregion hinaus: Hans Moser besang ihn einst in der berühmten Cuvée „Gumpoldskirchner“, in der Rotgipfler und Zierfandler zusammentreffen, die schon am kaiserlichen Hof geschätzt wurde. Und auch Bruno Kreisky und Olof Palme wussten diesen Wein bei ihren Heurigenbesuchen in Perchtoldsdorf zu schätzen. Wir haben fünf Winzer zur Vielfalt der Rebsorte befragt.

Der Rotgipfler ist eine autochthone Rebsorte, die in der Thermenregion beheimatet ist. Die Abstammung von Rotem Veltliner und Traminer erklärt sowohl seine aromatische Ausdruckskraft als auch seine Finesse. Besonders wohl fühlt sich der Rotgipfler auf den kalkhaltigen, teils lehmigen und schottrigen Böden zwischen Perchtoldsdorf, Pfaffstätten, Gumpoldskirchen, Sooß und Bad Vöslau – dort, wo das pannonische Klima auf den Wienerwald trifft und reife, strukturierte Weine entstehen lässt. „Die Sorte zeigt sich in vielerlei Gestalt: als klassischer, fruchtbetonter Qualitätswein, als Riedenwein mit Tiefe und Lagerpotential, in dem die Handschrift der Winzerin oder des Winzers besonders deutlich wird – und schließlich auch als Süßwein, dessen aromatische Fülle und Balance begeistern“, erklärt Heinrich Hartl, Obmann des Regionalen Weinkomitée.

Das Terroir ist auch der Schlüssel zum Charakter des Rotgipflers, denn bedeutende Lagen der Thermenregion prägen sein Profil und spiegeln die Vielfalt der Böden im Glas wider: Herzogberg mit kalkreichen Mergeln, Die Saxerln mit kalkreicher Braunerde mit Lehm, Harterberg und Flamming mit sandig-lehmiger Struktur, Rodauner mit tiefgründigem Löss, die windgeschützte Wiege mit Lockersediment-Braunerde sowie der Rosenberg, dessen feine Kalk-Lehmböden für Finesse sorgen.

Trotz seines Namens ist der Rotgipfler aber kein Rotwein: „Die Bezeichnung rührt von den rötlich gefärbten Triebspitzen der Rebe her und sorgt bei Heurigengästen oder Besuchern aus dem Ausland immer wieder für eine Überraschung“, erzählt Johannes Leeb. Mit Blick in die Zukunft zeigt sich die Sorte als vielversprechender Partner im Klimawandel: Sie verträgt Wärme und Trockenheit gut – kommt somit mit Trockenstress gut klar - und behält dabei Frische und Balance. Ihre hohe Lagerfähigkeit und das große aromatische Spektrum machen den Rotgipfler zu einem wichtigen Bestandteil der önologischen Identität der Thermenregion – sowohl heute als auch morgen. „Aus gutem Grund wurde der Rotgipfler unlängst Teil der Slow Food Bewegung in Österreich, die den Fortbestand dieses raren Schatzes der Thermenregion, ebenso wie die Winzerinnen und Winzer, behütet“, freut sich Heinrich Hartl.

Und so einzigartig wie die Thermenregion, so individuell zeigen sich auch die Rotgipfler ihrer Winzerinnen und Winzer. Kein anderer Wein verkörpert die Region so stark wie der Rotgipfler – ein Wein mit echter Handwerkskunst und eine Rebsorte, die sowohl als klassisch ausgebauter Qualitätswein als auch als Süßwein erstklassige Weine hervorbringt, die sich mit dem Reifegrad noch steigern.“ erzählt Johannes Leeb vom Weinbau Drexler-Leeb in Perchtoldsdorf.

Harald Schachl vom Weingut Christine & Harald Schachl in Bad Vöslau ist der Meinung, dass der „Rotgipfler auch in Zukunft eine große Rolle in der Thermenregion spielen wird – einerseits, weil die Rebsorte so vielfältige Weine hervorbringt und andererseits, weil sie unser Klima hervorragend verträgt.“ Und Leo Aumann vom gleichnamigen Weingut in Tribuswinkel schwärmt: Ein echtes Unikat: autochthon, charaktervoll und mit einem klaren Bekenntnis zur Herkunft.“

Florian Alphart vom Weingut Alphart in Traiskirchen zum Rotgipfler: „Keine andere Rebsorte ist so stark mit der Erfolgsgeschichte der Thermenregion verbunden und lässt gleichzeitig moderne Interpretationen zu. Ein Wein also mit einem markanten Wiedererkennungswert.“ Und Kerstin Schwertführer von Die Schwertführerinnen in Sooß schwärmt: „Der Rotgipfler spielt in jeder Liga mit: Ob trocken im Stahltank bis hin zur süßen Trockenbeerenauslese – dieser Wein macht seinem Namen alle Ehre.“

Kaum eine andere Weißweinsorte aus Österreich bietet aber auch so viele kulinarische Möglichkeiten wie der Rotgipfler. Dank seiner feinen Aromatik, der eleganten Säure und cremigen Struktur harmoniert er hervorragend mit feuriger, asiatischer Küche (wie etwa Kimchi mit Tofu), traditioneller Hausmannskost mit Schnitzerl oder Backhenderl, kräftigen Fischgerichten mit Sauce und feinen Käseplatten. Kräftigere Riedenweine begleiten Kalb, Schwein oder Lamm ebenso überzeugend, während Rotgipfler Prädikatsweine als Finale zu fruchtigen Desserts, Kaiserschmarrn oder Käse glänzen.

Fünf Rotgipfler, fünf Handschriften
Die Vielfalt der Rebsorte zeigt sich exemplarisch in diesen herausragenden Weinen: Rotgipfler Ried Herzogberg 2023Rotgipfler Thermenregion DAC 2023Rotgipfler Ried Wiege 2015Rotgipfler Ried Rosenberg 2021 und Rotgipfler Ried Saxerl 2023.

Unser Tipp: Am 22. Jänner 2026 präsentieren die Winzerinnen und Winzer der Thermenregion ihre prämierten Weine im Wiener Gleis//Garten - und dabei stehen auch verschiedene Rotgipfler zur Verkostung bereit. Alle Infos zu den teilnehmenden Betrieben gibt es unter www.thermenregiondac.at.