Die zweiteilige Masterclass „Late Harvest United“ auf Schloss Johannisberg in Geisenheim gilt als Gipfeltreffen der besten Süßweinregionen der Welt – darunter ist auch das Burgenland zu finden. Die Ruster Winzerin Heidi Schröck und weitere Granden der Szene plädierten in diesem Rahmen für mehr Mut zur Süße, besonders als Begleitung zu würzigen und aromatischen Speisen.
„Tokaj, Sauternes, die deutschen Flusstäler und Rust: In dieser Liste genannt zu werden, ist eine große Anerkennung für den Süßwein vom Neusiedler See“, freut sich Heidi Schröck nach der Sweet Wine Masterclass „Late Harvest United“. Im ersten Teil des Gipfeltreffens, mit dem Schloss Johannisberg den 250. Geburtstags der Spätlese zelebrierte, widmeten sich fünf Weingüter und rund 70 Fachgäste den besten Süßweinen der Welt. Moderatorin und Master of Wine Lin Liu präsentierte dabei Auslesen, Spätlesen, Eiswein und mehr, während der Gastgeber - das Schloss Johannisberg - den Ex-Bibliotheca Cuvée „100“, der die besten Spätlesen zwischen 1915 und 2015 vereint und das Lagerpotenzial süßer Weine eindrucksvoll demonstriert, servierte.
Vier der besten Süßwein-Produzent:innen waren bei „Late Harvest United” vertreten: Gastgeber Schloss Johannisberg aus dem Rheingau/Deutschland, Château Suduiraut aus Sauternes/Frankreich, Disznókő aus Tokaj/Ungarn und das Weingut Heidi Schröck & Söhne aus Rust am Neusiedler See/Österreich. Als Zeichen an den chinesischen Weinmarkt, auf dem Süßweine hoch im Kurs stehen, präsentierte Lin Liu MW zudem einen Eiswein des Château Changyu.
Beim zweiten Teil von Late Harvest United auf Schloss Johannisberg, der unter dem Motto „Sweet Wine & Fine Dining“ stand, drehte sich alles um das richtige Food Pairing. Am Menü stand etwa Riesling Spätlese 1964 zu geschmorter Rehkeule, Eiswein zu Blauschimmel-Créme und Tapenade. Heidi Schröcks Beerenauslese „Anthologie“ Non-Vintage, einer Cuvée der Jahre 2014 bis 2022, harmonierte mit gegrillter Tristan Languste, Urkarotte und Chicorée. In der Gastronomie findet man Süßwein oft nur als Dessertwein, aber „Süßer Wein zu üppigen Nachspeisen ist eine Themenverfehlung“, meint die Expertin. Im Gegensatz zu früheren Zeiten ist Süßwein heute kein Massenphänomen mehr, sondern eine „süße kleine Nische“, wie Schröck es formuliert. Anhänger hat diese Stilistik auf der ganzen Welt - denn neben China gibt es auch in den USA, Großbritannien, der Schweiz oder Skandinavien vitale Märkte und eine hohe Nachfrage. Connaisseure wissen in der Regel auch die harte Arbeit zu schätzen, die in jeder Flasche steckt.
Der Ruster Ausbruch zählt unbestritten zu den prestigeträchtigsten Süßweinen der Welt, seine Geschichte reicht bis ins Jahr 1479 zurück. Am kaiserlichen Hof war das „Flüssige Gold“ vom Neusiedler See so beliebt, dass Leopold I. Rust im Austausch gegen einige Fässer Ausbruch den Titel „Freistadt“ verlieh. Sogar die Titanic hatte einige Flaschen Ruster Ausbruch an Bord. Das harmonische Zusammenspiel von Süße und Säure zeichnet nämlich die Prädikatsweine vom Neusiedler See aus: Der Restzucker verleiht ihnen einen kraftvollen Körper, dank frischer Säure wirken sie dabei zugleich leichtfüßig, elegant und animierend. Getrocknete Früchte, Aromen von Quitte und Marille sowie ein Hauch Exotik verbinden sich zu einer weltweit einzigartigen Charakteristik. „Als wir 1991 den Cercle Ruster Ausbruch, der Vorgänger-Organisation des Ruster Ausbruch DAC, ins Leben gerufen haben, war genau das unser Traum: An einer Tafel mit den wichtigsten Süßwein-Regionen der Welt zu sitzen. Dort gehören die Weine vom Ost- und Westufer des Neusiedler Sees auch hin.“ zeigt sich Winzerin Heidi Schröck erfreut.