Zweite Thermenregion DAC Ernte: Ein herausfordernder Jahrgang für Klima, Lese und Keller

von Lilo Werbach 11/10/2024
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Zweite Thermenregion DAC Ernte: Ein herausfordernder Jahrgang für Klima, Lese und Keller

„Die Weinlese hat 2024 in der Thermenregion so früh wie nie zuvor begonnen. Unsere Weinbaubetriebe war fast ein wenig überrascht, dass der Reifeverlauf in der zweiten und dritten Augustwoche so rasch vorangeschritten. Sowohl die Tages- als auch die Nachttemperaturen waren extrem hoch“, erzählt Heinrich Hartl, Obmann Regionales Weinkomitée Thermenregion. „Unter solchen Bedingungen wie dieses Jahr kam das Traubengut überdurchschnittlich warm in die Presshäuser. Wer konnte hat sich bemüht in der Nacht bzw. besonders zeitig in der Früh zu ernten. Betriebe mit Lesemaschinen waren dabei klar im Vorteil. Wer so wie wir auf Handlese setzt, musste besonders zeitig beginnen und am späteren Vormittag mit der Ernte aufhören“, so Hartl über die Weinlese auf seinem Weingut in Oberwaltersdorf. Mit dem zweiten DAC-Jahrgang 2024 in der Thermenregion zeigt sich auch Christian Eitler, von der Bezirksbauernkammer Baden und Mödling zufrieden: „Trotz einiger Herausforderungen während des Jahres und auch zur Ernte konnten unsere Weinbaubetriebe wieder Trauben von höchster Qualität ernten. In so herausfordernden Jahren zeigen sich die Vorteile der regionstypischen Sorten unseres Weinbaugebietes und wir können uns auf einen tollen Jahrgang 2024 freuen.“

Katharina und Matthias Zechmeister-Mittl, Weingut Zechmeister, Perchtoldsdorf
„Da unsere Ausstecktermine bereits ein Jahr vorher fixiert werden, und alle unsere Ressourcen beim Heurigen gebunden sind, sind wir nicht sehr flexibel, was den Lesezeitpunkt betrifft“, betont das Winzerpaar. Das wurde dieses Jahr zum Problem, weil das Traubenmaterial rund zwei Wochen früher reifte als im Durchschnitt der letzten Jahre. „Auch die Geschwindigkeit, in der Zuckerkonzentrationen zu- und Säurewerte abnehmen, nimmt stetig zu“ erzählt Matthias Zechmeister-Mittl und weist darauf hin, dass die Wahl des Lesezeitpunktes entscheidend ist, um aromatische Weine mit nicht allzu hohen Alkoholwerten zu keltern. Für das nächste Jahr wird man am Weingut die Ausstecktermin an die klimatischen Gegebenheiten anpassen: „Da wir hauptsächlich mit der Hand lesen, starten wir in den frühen Morgenstunden und lesen bis mittags“, so Katharina Zechmeister-Mittl. Mit spätreifenden Sorten wie Donauriesling oder Blütenmuskateller will man extrem frühen Reifezeiten entgegenwirken. „Vor allem der Rotgipfler profitiert als spätreifende Sorte von der warmen Witterung“, so die Winzer aus Perchtoldsdorf.

Hans Frühwirth, Bio-Weingut Frühwirth, Teesdorf
Die Weinlese 2024 in der Thermenregion ist für BIO-Winzer Hans Frühwirth in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich: „Noch nie zuvor haben wir so früh mit der Lese begonnen – bereits am 20. August fiel der Startschuss. Die Hitzewelle im Spätsommer mit bis zu 36 Grad Celsius im Schatten stellte uns vor große Herausforderungen“. Der Winzer gibt an, dass die langanhaltende Trockenheit sich auf die Traubenqualität auswirkt. „In unseren Weingärten im Steinfeld der östlichen Thermenregion, erwarten wir in diesem Jahr extraktreiche, kräftige und säurearme Weine. Unsere Weingärten in Leobersdorf, Bad Vöslau und Baden haben die Trockenheit besser überstanden. Da freuen wir uns auf leichtere, fruchtigere Weine.“ Insgesamt ist es ein sehr gutes Rotweinjahr. „Aufgrund der hohen Temperaturen haben wir unsere Arbeitszeiten angepasst und lesen in den kühleren Morgenstunden. Da wir per Hand ernten, war es eine besondere Herausforderung, unser Team bei dieser Hitze zu motivieren“, erzählt er und will die neuen Erfahrungswerte für die Zukunft nutzen.

Daniel Plos, Weingut Plos, Sooß
„2024 war ein ausgesprochen frühes Jahr“, so Daniel Plos. Der sehr warme Sommer sorgte für optimale Bedingungen und begünstigte die Reife zusätzlich. „Wir konnten so früh wie nie zuvor – in der dritten Augustwoche -  mit der Lese beginnen. Die Hauptlese startet für uns Anfang September“, erzählt der Winzer. Das sehr heiße Lesewetter brachte auch in Sooß einige Herausforderungen mit sich und machte einen Lesebeginn in den Morgenstunden unumgänglich. „Der weiterhin schnell fortschreitende Reifeverlauf ermöglichte eine sehr kompakte und kurze Lese damit die Trauben nicht mit zu hohem Zuckergehalt in den Keller kommen. Optimale Reife und Werte (PH-Wert, Säure) lassen uns auf einen sehr guten Jahrgang hoffen“, so Daniel Plos, „auch wenn es in Punkto Menge durch Spätfrost und einen geringeren Saftanteil in den Trauben ein kleines Jahr wird.“

Johanna und Gregor Schup, Weingut Schup, Guntramsdorf
Zufrieden mit dem frühen Jahrgang zeigen sich Johanna und Gregor Schup. In ihren Weingärten in Guntramsdorf profitieren die Rebanlagen in trockenen Phasen von den humusreichen Böden, die Wasser besser speichern. „Auch die älteren Rebstöcke überstehen längere Hitzeperioden gut, da sie tiefer verwurzelt sind und sich Nähstoffe und Wasser von ganz unten holen“, so die Winzerin. Empfindliche Burgundersorten wurden vormittags gelesen, um die kühleren Temperaturen zu nutzen. Johanna und Gregor Schup setzen auf selektive Handlese, um gezielt Mostoxidation zu vermeiden. In den Toplagen plant die Winzerfamilie die Pflanzung von Zypressen als „natürliche“ Beschattung. „Wir haben in unseren Weingärten auch später reifende Klone gesetzt, damit wir keinen Stress bei der Lese haben“, so Gregor Schup.

Lorenz Alphart, Weingut Alphart am Mühlbach, Traiskirchen
„Einer der frühesten Starts in unserer Weingutsgeschichte. Wir haben am 21. August mit der Lese begonnen“, erzählt Lorenz Alphart aus Traiskirchen. Seine Erntemengen sind durch leichte Spätfröste im April vor allem in den niederen Lagen etwas geringer ausgefallen. Die Qualitäten sind trotz des heißen und trockenen Sommers hoch und von besonderer Güte. „Konsequentes Begrünungsmanagement und Laubarbeit in den Sommermonaten haben uns da ordentlich geholfen“, betont der Winzer. Die hohen Temperaturen bei der Ernte waren auch in seinem Betrieb eine große Belastung. „Sowohl für die Menschen als auch für die Traube“, so Alphart, „Bei 100% Handlese haben wir sehr zeitig begonnen, um vor allem die wichtigsten Lagen so kühl wie nur möglich zu ernten“. Im Weingut wurde das Lesematerial durch den Einsatz von Solarstrom gekühlt. „Durch den frühen Lesestart konnten wir die Trauben bei der optimalen Reife ernten – keine Alkoholbomben, ganz trocken und mit einer finessenreichen Säure“. Sein Resümee: eine kleine, aber sehr feine Ernte.

Heinrich Hartl, Weingut Hartl, Oberwaltersdorf
„Wer so wie wir auf Handlese setzt, musste besonders zeitig beginnen und am späteren Vormittag mit der Ernte aufhören“, so Hartl über die Weinlese auf seinem Weingut in Oberwaltersdorf. Dabei setzte er mit seinem Team auf die Erfahrungen des letzten frühen und heißen Jahrgangs 2018: „Wir haben uns bemüht, die Säurewerte nicht außer Acht und die Zuckerwerte nicht zu hoch steigen zu lassen“. Die Erntemenge ist 2024 unterdurchschnittlich und teilweise stark sortenabhängig: Bei St. Laurent, Pinot Noir und Zierfandler geringe Erträge, Rotgipfler und Zweigelt zufriedenstellende Mengen. „Der Wetterumschwung im September mit starkem Regen hat die Thermenregion zu einem Zeitpunkt erwischt, wo ein Großteil der Ernte schon eingefahren war - anders als in anderen Weinbaugebieten Österreichs“, so Hartl. Die Jungweine im Keller zeigen sich in Oberwaltersdorf vielversprechend. „Wir haben unsere Lehren aus 2018 gezogen und vieles richtig gemacht. Ein herausfordernder Jahrgang 2024 für unsere WinzerInnen. Die Natur hat uns einmal mehr gezeigt, wer der Herr im Haus ist“.