Wein ist in Österreich weit mehr als ein Genussmittel. Er ist Teil der Kultur, Identität und ein bedeutender Wirtschaftsfaktor – besonders im ländlichen Raum. Das zeigt eine aktuelle, eindrucksvolle Wertschöpfungsstudie der Economica GmbH im Auftrag der Österreich Wein Marketing GmbH (ÖWM).
Ob beim Heurigen im Weinviertel, beim Radeln durch die steirischen Weinberge oder beim Dinner mit Weinbegleitung: Wein begleitet viele Lebensmomente. Hinter diesem Kulturgut steht jedoch eine wirtschaftliche Leistung, die oft übersehen wird. „Die wirtschaftliche Kraft des Weins reicht weit über das Achterl hinaus“, sagt ÖWM-Geschäftsführer Chris Yorke. „Rund um die Rebe wirkt ein ganzes Wirtschaftsökosystem – vom Winzer über den Tourismus bis hin zu Handel und Gastronomie.“
2023 erwirtschaftete die heimische Weinwirtschaft eine Bruttowertschöpfung von über 3,8 Milliarden Euro – das entspricht 0,9 Prozent der gesamten österreichischen Wirtschaftsleistung. Insgesamt sind über 68.000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt mit dem Wein verbunden. Auch der Staat profitiert: 1,2 Milliarden Euro fließen jährlich an Steuern und Abgaben in öffentliche Kassen.
Ein Wirtschaftsmotor für viele Branchen
Der Weinbau ist weit mehr als Landwirtschaft. Er befeuert zahlreiche Bereiche: Beherbergung und Gastronomie erwirtschaften mit knapp 1,5 Milliarden Euro den größten Anteil an der gesamten Wertschöpfung, gefolgt von der Landwirtschaft (390 Millionen Euro) und dem Großhandel (353 Millionen Euro). Auch der Weintourismus spielt eine zentrale Rolle. Rund fünf Prozent der Urlauberinnen und Urlauber nehmen weinbezogene Aktivitäten wahr – und geben dabei im Schnitt 18 Prozent mehr pro Tag aus als andere Gäste. „Die Weinwirtschaft steht nicht nur für Lebensfreude, sondern schafft auch einen enormen wirtschaftlichen Mehrwert“, betont Christian Helmenstein, Leiter der Economica GmbH.
Lebensader für den ländlichen Raum
In vielen Regionen ist der Weinbau Rückgrat der lokalen Wirtschaft. „Der Weinbau ist weit mehr als landwirtschaftliche Produktion – er ist eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Lebensader“, erklärt Johannes Schmuckenschlager, Präsident des Österreichischen Weinbauverbands. Und die Studie zeigt: In den vier großen Weinbundesländern Niederösterreich, Burgenland, Wien und Steiermark wird doppelt so viel Wertschöpfung erzielt wie im Rest des Landes. Besonders Niederösterreich profitiert als größtes Anbaugebiet. Im Burgenland spielt der Weinbau eine zentrale Rolle in der Landwirtschaft, während Wien durch Tourismus und Gastronomie überproportional stark profitiert. Die Steiermark wiederum punktet mit innovativen Weingütern und einem boomenden Weintourismus.
Von der Wertschöpfung zur Wertschätzung
Ohne den Weinbau würden ganze Regionen verlieren – wirtschaftlich, kulturell und sozial. „Unser Ziel ist es, durch das Aufzeigen der Wertschöpfung auch mehr Wertschätzung für das tägliche Tun unserer über 10.000 Weinbaubetriebe zu schaffen“, so Schmuckenschlager. Rund 95 Prozent der österreichischen Weingüter sind Familienbetriebe. Sie prägen Landschaften, sichern Arbeitsplätze und tragen das Qualitätsimage Österreichs in die Welt hinaus. „Ihre Arbeit ist Fundament und Zukunft zugleich und verdient Anerkennung wie auch strategische Unterstützung“, ergänzt Yorke.
Schulterschluss gefordert
Damit die Weinwirtschaft auch künftig Motor und Qualitätsbotschafter bleibt, braucht es politische Unterstützung. Die Branche kämpft mit steigenden Produktionskosten, wachsender Bürokratie und internationalem Wettbewerbsdruck. „Jetzt ist der Schulterschluss zwischen Politik und Wirtschaft gefragt“, fordert Schmuckenschlager. „Der Bund profitiert stark von den Einnahmen aus der Weinwirtschaft – daher wäre es ein wichtiges Signal, wenn er wieder einen Finanzierungsbeitrag an die ÖWM leistet, wie es die Weinbauländer bereits vorbildlich tun.“
Fazit
Die Zahlen sind eindeutig: Österreichs Weinwirtschaft ist ein Wirtschaftszweig mit Herz und Hirn – tief verwurzelt in der Kultur, stark in der Wertschöpfung und zukunftsfähig, wenn Politik, Wirtschaft und Konsumentinnen gemeinsam an einem Strang ziehen.
