Die klassische Brettljause hat Konkurrenz bekommen, denn in der Steiermark erfindet eine neue Generation von Buschenschankwirten die Jause neu – jedoch ohne mit der Tradition zu brechen.
Die Tradition der Buschenschänke reicht bis ins Jahr 1784 zurück, als Kaiser Josef II. Winzern erlaubte, ihren eigenen Wein auszuschenken und dazu kalte Speisen zu servieren. Die Brettljause war damals das Urgericht – und ist es heute noch. Doch die neue Wirte-Generation zeigt, dass Tradition nicht Stillstand bedeutet: Statt Verhackertem und Schweinsbrüstl kommen heute bei den steirischen Buschenschanken Vitello tonnato mit Forellen-Kernöl-Creme, Bachkrebse in Avocado-Salsa oder konfierter Schweinebauch mit steirischem Coleslaw auf den Tisch - und dazu werden Weine aus den besten Lagen des Landes serviert.
Im Weingut Langmann in St. Stefan ob Stainz denkt man die Buschenschankjause neu, denn gemeinsam mit Spitzenkoch Florian Dreshaj bringt Stefan Langmann moderne Kulinarik auf den Holztisch: Kimchi aus steirischem Chinakohl, Rote-Rüben-Tatar mit Schafskäse oder kreative Jausenbrote, die perfekt zu den Lagenschilchern oder zum hauseigenen Sekt passen.
Bei Familie Firmenich in Gamlitz trifft mediterrane Leichtigkeit auf steirische Herzlichkeit. Neben Klassikern wie gebratenem Schweinsbrüstl gibt es Leberparfait mit Traminergelee oder den „frechen Sterz“ mit Grammeln und Sauerrahm. Sohn Johannes produziert nebenbei den vielfach ausgezeichneten STIN – Styrian Gin und feine Sparkling Teas.
Ganz anders, aber ebenso authentisch, zeigt sich der Buschenschank Reiterer in Kitzeck, wo Wirt Reimund Reiterer in Zweigelt marinierte Mangalitza-Salami, geräucherte Forellen mit Wasabi, Kürbis-Curry-Creme und eine Kernöleierspeise im Eisenpfandl, die längst Kult ist, serviert. Im 300 Jahre alten Buschenschank-Gebäude des Weingut Kögl in Ratsch an der Weinstraße, das liebevoll mit alten Materialien wie Lehm, altem Holz und mundgeblasenen Fensterscheiben renoviert wurde, werden von Tamara Kögl rote Rüben mit Kürbiskern- und Walnussfüllung, Spagatkrapfen und gute biodynamische Weine serviert.
Susanne Weber vom Weingut Weber in St. Stefan ob Stainz betreibt ihren Buschenschank mit viel Gefühl für Genuss und Stil - und täglich frischem Brot, Vitello tonnato mit Forellen-Kernöl-Creme oder feiner Hendlsulz. Im Buschenschank Wölfl in Oberfahrenbach im südsteirischen Sausal hingegen scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Das 200 Jahre alte Bauernhaus, die rot-weiß karierten Vorhänge, der Holzherd – alles echt, alles ursprünglich. Hier brutzeln Forellen in der gusseisernen Rein, langsam in Schmalz gegart, begleitet vom leisen Knistern des Feuers. Danach kommen flaumige Buchtln aus dem Ofen – ein Gedicht und einfach so, "wia’s fria wor."
Auch im Weingut Schneeberger in Heimschuh trifft Tradition auf feine Handarbeit, wo Margret Reinprecht liebevoll angerichtete Jausenplatten kreiert – mit Schinken von eigenen Freilandschweinen, Schaffrischkäse mit Bärlauchpesto oder marinierter Hendlbrust.
Diese neue Generation von Buschenschankwirten zeigt: Zwischen altem Herd und modernem Design, zwischen Hauswürstel und Kimchi, lebt das steirische Lebensgefühl weiter – ehrlich, kreativ und mit einem Glas Wein in der Hand.
